Die Bedeutung der Wahl der Taufpatin für ein Schiff erläuterte in feiner Weise am Abend der Aufsichtsratsvorsitzende
der Howaldtswerke-Deutsche Werft AG, Dr. Dietrich Wilhelm v. Menges. Er sagte,
dass Werft und Reederei mit Bedacht die Patin auswählten, deren Geist das Schiff auf seinem
Lebens- weg begleiten möge. Gerade auf einem Schiff wie diesem, das viele Menschen aus dem In- und Ausland mit der Atmosphäre der Seefahrt in Verbindung
bringt, spiele der Geist, der auf dem Schiff waltet, eine entscheidende Rolle. Er kann für das Bild unseres Vaterlandes draußen wichtiger werden als manche Reden und
Deklamationen.
Dr. v. Menges wies auf die Entschlossenheit der Bundesregierung hin, die politischen Probleme an den Brennpunkten
der Wirtschaft anzufassen. „Wir haben gespürt", sagte Dr. v. Menges, an den
Bundeskanzler gerichtet, „dass Sie Ernst mit dem Entschluss machen wollen, wenngleich der Weg steil und steinig erscheint. Hier an der Küste ist solch
ein Brennpunkt wirtschaftlichen Geschehens. Der Zusammenschluss der Werften ist ein Schritt, der im Guten oder
im Schlechten seine wesentlichen Auswirkungen haben muss." Die Anwesenheit des Bundeskanzlers und die Bereitschaft
seiner Gattin, das Schiff zu taufen, wertete Dr. v. Menges als ermutigenden Zuspruch.
Unternehmerischen Mut bewiesen in hohem Maße die
Gesellschafter der Deutschen Atlantik Linie, an ihrer Spitze der Vorsitzende des Beirats Dr. Körber und der
Reeder Axel Bitsch-Christensen. Dieser Stapellauf sei ein Leuchtzeichen unternehmerischer Initiative bei einem
Wirtschaftszweig, nämlich der Passagierschifffahrt, die von allzu eifrigen Horoskopstellern schon häufig totgesagt
worden sei. Der Sinn der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung liege nicht in einem Entweder-Oder, sondern
in einem sinnvollen Nebeneinander von historisch Gewachsenem
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und sich neu Entwickelndem. Passagierdampfer neben den Jumbo-Jets, um es einmal plastisch auszudrücken.
„Man muss sich nur stets etwas Neues einfallen lassen", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende der neuen
Großwerft, „und das haben Reeder und Gesellschafter schon im Hinblick auf die Finanzierung getan."
Der Vorsitzende des Beirates der Deutschen Atlantik Linie, Dr. Körber, sagte über die wesentliche Zweckbestimmung
des Schiffes u. a.: „Die Zukunft unserer Reederei liegt nun durch den heute vollzogenen Akt unserer charmanten Taufpatin
tatsächlich auf dem Wasser, und zwar nicht, wie es Kaiser Wilhelm in seinem berühmten Wort gesagt hat, zur
Darstellung staatlicher Macht, sondern zum Vergnügen und zur Erholung der Menschen und, wie ich sehr hoffe,
auch zum Nutzen der Reederei. Das Schiff soll der Erholung dienen. Erholung und Entspannung, meine sehr verehrten
Damen und Herren, ist eine ernste Aufgabe unserer modernen Gesellschaft, auf dem Schiff ist sie sogar eine echte
Gemeinschaftsaufgabe . . .
" Der Bundeskanzler ging in seiner Ansprache von dem schönen Erlebnis eines echten Volksfestes aus, um dann,
über einige das Zukünftige betreffende Reflexionen zwischen Hegel und Justinus Kerner, schließlich bei sehr ernsten
Gedanken über unsere, das heißt Deutschlands, Aufgabe in der heutigen Zeit zu landen. „Wir haben heute
früh ein wirkliches Fest erlebt, ein Volksfest, und wenn ich zurückblicke auf die vielen Festlichkeiten und Veranstaltungen,
die ich im Laufe meines Lebens mitgemacht habe, so war dieses eines der schönsten . . ., und meine Frau und ich, wir haben uns von Herzen mitgefreut. Und
als dann gar die Flasche zersplittert war, fiel mir ein Stein vom Herzen, und von da ab trübte nicht mehr die geringste
Sorge meinen Aufenthalt in Hamburg. Ich habe mich natürlich wie immer", versicherte der Bundeskanzler, „wenn |