Die weiße Schönheit aus Hamburg war einst der Stolz der
deutschen Kreuzfahrten-Flotte - nun fand die "Hanseatic" ein jämmerliches
Ende. Die zum Seelenverkäufer gealterte Lady sank vor der Küste Südafrikas.
Sie war auf ihrem letzten Weg: Ziel der Reise war Indien: Am Haken eines
Hochseeschleppers hatte man den längst nicht mehr weißen Kreuzfahrer zum
abwracken bringen wollen. Nun liegt das Schiff, auf dem einst Lale Andersen
Kaviar in rauen Mengen naschte, in fünf Kilometer Tiefe. Das abrupte Ende eines
langsamen Niedergangs.
Was waren das
für Zeiten: in Israel hatte sich der 191 Meter lange Luxusliner mit seinen zwei
nebeneinander stehenden Schornsteinen „warmgelaufen“: 1964 kaufte die „ZIM“
Reederei das 24 500-BRT-Schiff von der französischen Nobelwerft „Chantiers de
I´Atlantique“, taufte sie „Shalom“. Schon kurz darauf war es vorbei mit
dem Frieden: Vor New York, wohin der Kreuzer im Liniendienst fuhr, spaltete er
einen norwegischen Tanker. 19 Seeleute der getroffenen „Stolt Dagali“
starben. Die Reederei kam in Geldnot. 1967 verkaufte sie ihren Luxusdampfer.
Der Wahl-Hamburger
Axel Bitsch-Christensen erwarb das Schiff für 62,5 Millionen Mark. Hamburger
Senat und Bundesregierung butterten einige Millionen dazu, denn der deutschen
Überseeflotte fehlte ein Aushängeschild, nachdem die Vorgänger-„Hanseatic“
ausgebrannt war. Bitsch-Christensen schickte seine Neuerwerbung auf Liniendienst
gen New York- gegen die aufstrebende Konkurrenz des Luftverkehrs. Später diente
die schöne Weiße im Dienst der „Deutschen Atlantik Linie“(DAL) nur noch
dem Spaß. Sie wurde Kreuzfahrtschiff: Schampus, Schnittchen und Schönheiten
bestimmten das Bild an Bord. In den drei Pools planschten gealterte
Wirtschaftswunder-Gewinner mit „Bunte“-Models. Politiker, Wirtschaftsbosse
und Film-Sternchen flanierten über die schallschluckenden Läufer.
Bundesinnerminister Paul Lücke schmetterte ausgerechnet Wanderlieder im Duett
mit Schlagerstar Ralf Bendix.
Die
„Hanseatic“ sah die Häfen der Welt, besuchte Norddeutschland nur noch
selten. Legendär jedoch ein außerplanmäßiger Hamburg-Aufenthalt im Jahr
1968. Mit vollen Passagierkabinen lag das Schiff auf Dock an den damaligen
Howaldtswerken, nachdem es in Cuxhaven an eine Kaimauer gekracht war. Die
Dock-Party, unter Mitwirkung Hamburger Künstler, soll ausschweifend gewesen
sein.
1973 strich
Bitsch-Christensen die Flagge und verkaufte die „Hanseatic“: zu große
Verluste. Der Stolz der Flotte verabschiedete sich aus Hamburg. „Homer-Lines“
hieß der neue Besitzer. An Bord wehte fortan die Flagge Panamas. Der stolze
Name am Bug wurde übergemalt, die „Hanseatic“ hieß jetzt „Doric“. Die
glanzvollen Zeiten des Kreuzfahrers waren vorbei. Besitzer und Namen wechselten
immer schneller: Aus der „ Doric“ wurde die „Royal Odyssee“, später „Regent
Sun“ am Ende schlicht nur noch „Sun“. Im Alter von 37 Jahren sollte das
Schiff nun zur indischen Abwrackwerft. Am Haken des Hochseeschleppers „Hua An“
drang immer mehr Wasser in den rotten Rumpf ein. Das einstige Partyschiff bekam
Schlagseite. Weil auch noch 420 Tonnen Schweröl an Bord waren, beorderten
südafrikanische Behörden den Schleppverband von der Küste weg. 200 Kilometer
vor dem Kap St. Francis beschleunigte die frühere „Hanseatic“ in die
Richtung, in die es für das Traditions-Schiff schon lange ging: abwärts.
Bericht
von Dieter Hopfe