Brigitte Schäfer

 

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1969-1. Nordlandreise der "TS Hamburg" 

und 1. Mondlandung -1969

 

1969 der TS. Hamburg „verteufeltes Dilemma" nach erfolgreicher Gala - Jungfernfahrt: Süd-Amerika - Hamburg, ab New York erstmals mit amerikanischen Passagieren

Wer hat nicht Geschichten zu berichten?

Es folgten noch so viele ereignisreiche Erlebnisse, die immer wieder, aus der Sicht des Einzelnen, gern von uns Ex-Crew-Mitgliedern mündlich berichtet oder schriftlich dargestellt werden. Traumschiff-Wolken hinterlassen Spuren! 

Wie diese Erzählung: 

   Der erste Gang zum neuen Arbeitsfeld „Passagierschiff" (März 1969 vor der Jungfernreisel über die klappernde Gangway bleibt unwiderruflich in Erinnerung. Durch die Luke zum Saturn-Deck betrat ich mit beklommenen Gefühl das Innere des Schiffes, als Stewardess angeheuert. Ich war befan­gen, am Staunen, beeindruckt von allem, weil mir, als Landratte, altes so total fremd war. Ein Wirrwarr! Handwerker versuchten noch die letzten Arbeiten zu erledigen, bevor dieses wunder­bare, schöne Schiff Kurs auf Süd-Amerika, über Dakar/Afrika nehmen konnte. Die Jungfernreise -ein Event, für Passagiere und Besatzung.
Eine Schultüte mit vielen kleinen Aufmerksamkeiten ...,

 ... noch heute als Symbol meiner ersten Fahrt erhalten geblieben, noch mit Karibik-Muscheln gefüllt, wurde mir als Überraschung zum Abschied und Neu-Start von meiner Mutter vor dem ersten Gang über die Gangway überreicht.- Es war mir allerdings ziemlich peinlich, denn ich bemerkte den etwas grinsenden Blick des kleinen Kabinen-Stewards „Saft". Aber dann verschluckte mich das große Tor des Giganten in einen mir bis dahin noch völlig unbekannten Bereich der Christlichen Seefahrt.

Mir war überhaupt nicht bewusst, was auf mich zukommen würde, 

         war jedoch neugierig auf dieses Abenteuer. Es wurden vier wunderbare, inhaltsreiche Jahre, die nachhaltig sicher zur

         interessantesten Zeit meines Lebens wurden.

Zuerst wurde eine Kabine im weiblichen Besatzungsbereich zugewiesen, von der männlichen Crew gern „Herbert-Straße" genannt. Gering geräumig, mit zwei Kojen, oben-unten, die jeweils mit Vorhängen versehen waren, zwei Spinden, einer angenagelten Sitzbank und dem am Boden fest verankertem Tisch, ein kleines Waschbecken und ein Bullauge, das zumindest etwas Helligkeit bot. Manche sollen es mit einer Waschmaschine verwechselt haben - alter Geck, Seemannsgarn? Dann hoffte man auf eine nette Kabinenkollegin, um die begrenzte Räumlichkeit gemeinsam gut überbrücken zu können. Was wollten wir mehr? Die Welt erobern, mit erträglichen Einsatz, Verdienst und Mut. Jung genug, um sich auf Neues einzulassen, wann sonst? Bis die Unterkunft in den verwirrenden Gängen der Besatzungsbereiches gefunden wurde, dauerte es eine Weile, ein Labyrinth war zu durchqueren. Der Weg zurück zum Haupteingang/ Saturndeck schien schon eine Weltreise zu sein, bevor diese überhaupt angefangen hatte.Den einzelnen Ressortleitern oblag es Neulinge, wie mich, einzuweisen. Der Sprung ins kalte Wasser, wenn ich auch als Wein-Stewardess engagiert war. Eine anstrengende Tätigkeit, zumal das Servieren auf schwankenden Planken einen See-Frau-Gang verursachte. Dieser Job war seine Erfahrung wert. Heute gestehe ich, dass ich diese Tätigkeit nicht so lange ausgeübt hätte, doch es ergab sich nach vier Wochen eine Chance. Es gelang mir im Ober-Stewards-Büro, später bei den Zahlmeistern, zu landen - Service ade!
Die „Scheinwerfer-Tage" {Trinkgeld! waren einträchtiger, aber mir lag der Empfangsbereich der beiden Ressorts mehr, und so blieb ich doch vier Jahre lang. 

Das bunte, abwechslungsreiche, spannungsvolle Treiben an Bord gefiel mir.

Das bunte, abwechslungsreiche, spannungsvolle Treiben an Bord gefiel mir. Die immer von zigfachen Eindrücken geprägten Landgänge, je nach Hafen, wurden jeweils zu einer neuen Entdeckungsreise. Im Bewusstsein sich die Welt durch eigene Heuer erobern zu können, war dem Zauber „der großen Freiheit" unterlegen. Echtes Lebenswertgefühl.

Die Jungfernreise im März 1969,
 war mit der Eröffnung eines großen Hotels zu vergleichen, wie ich sie schon einmal in Irland erlebt hatte. Es bedarf einer immensen Organisation der Verantwortlichen. Nicht einfach, in einer kurzen Zeit, eine frische und alte Crew zu einem Team zusammenzufügen. Wir saßen alle in einem Boot! Die zwei einzigartigen Gala-Reisen nach Süd-Amerika bedürfen einer gesonderten Erzählung, so etwas wird es in diesem Rahmen kaum wieder geben, trotz neuer Riesen, die die Weltmeere „en masse" durchkreuzen. Anschließend begab sich das stolze, neue Schiff, Namensträgerin, ab Hamburg, auf die erste große Fahrt Richtung USA, um von dort die Nordlandreise, teils mit deutschen Passagieren, sowie in Erwartung amerikanischer Passagiere, die in New York zusteigen würden. Großartig war wieder die Verabschiedung des erst im Frühjahr getauften Schiffes im Heimathafen. Die winkenden Menschen wurden zu Punkten beim Auslaufen, die Klänge der Musikkapelle ertönten noch in der Ferne - als wir in „Schulau" mit unserer Hynme verabschiedet wurden.
Die erste Fahrt über den großen „Teich Atlantik" war für alle wohltuend. Ruhe und Gelassenheit durch einen nur geringen Teil an deutschen Passagiere bis New York. Wir wurden auf unsere bevorstehenden Aufgaben vorbereitet, um allen Passageren das bieten zu können, was sie erwarteten: erstklassigen Service! Ein guter Ruf unserer Neuen sollte mit uns positiv in die Welt hinausfahren. Wer konnte in diesen ruhigen Tagen ahnen, dass - wer wird sich noch erinnern? - uns plötzlich Windstärken von 10 bis 12 erwischten? Es flog alles durcheinander! Passagiere, sowie auch einige der Besatzung, waren plötzlich verschwunden, nur Beherzte hielten der windigen Meeresluft an Deck stand,. „Klar vorn und a c h t e r n" - in jeder Beziehung. Nach dieser Turbulenz erstaunte uns eine unvergessene, beeindruckende Begrüßung. Zuerst durch die herausragende Freiheitsstatue, dann durch die Begleitung bis zum New Yorker Hafen. Passagier schiffe, besonders die, die erstmals in New York einlaufen, erfahren Ungeahntes. Wir wurden von Feuer-Wasserschiffen, von vielen kleinen Boote mit winkenden Menschen beglei­tet, Hupkonzerten, Musik, Unvergessenes, beeindruckendes „Welcome". Während unsere stolze Hamburgerin dieses herzliche Willkommen erfuhr, bereiteten wir uns schon auf eine Vielzahl von amerikanischen Passagieren vor. Ein Landgang in New York war für die Crew nicht in Sicht, dafür gab es bei späteren Reisen noch genug Möglichkeiten. Der überwältigende Eindruck bei der Einfahrt nach N.Y., die Skyline dieser Weltstadt mit eigenen Augen gesehen zu haben, musste erst einmal genügen und verkraftet werden. Wir Neuen waren glücklich und zufrieden uns dieses Erlebnis bereits erobert zu haben.
Das Ein-Checken amerikanischer Passagiere verlief immer hektisch.

Sie wurden meistens von vielen Angehörigen und Freunden verabschiedet, vorbestellte Drinks in den Kabinen beeinflussten die unüberhörbare Lautstärke des Stimmungsgewirrs, so dass es schon passierte, dass ein Angehöriger das Signal der Ausfahrt nicht erkannte und später von der Wasserschutzpolizei im Bereich des Hoheitsgebietes noch an Land gebracht werden konnte,,., wenn er Glück hatte! Sonst konnte es teuer werden! „Achtern raussegeln" hieß es hier und da auch mal für einige der Mannschaft... Ein bei Landgängen mitgenommener Wecker erinnerte lautstark an den zeitigen Rückweg. Bald, nach Auslaufen von New York, kehrte eine wunderbare Ruhe ein, die Gänge waren plötzlich leer, die "frischen" Passagiere richteten sich in ihren Kabinen ein, bis sie zum ersten Abendessen erwartungsvoll in den Speise-Räumen erschienen. 

Gleich am ersten Abend kam es jedoch zu Unstimmigkeiten bei der Tisch-und Sitzplatzverteilung. Oh jeh! Da die Oberstewards, dabei „Horst Witt", beim Auslaufen in Hamburg bereits an die dort zugestiegenen Passagiere Tischplätze vergeben hatten, waren die zahlreicheren amerikanischen Gäste nicht angetan über das, allerdings doch noch sehr reichhaltige Angebot verbliebener Möglichkeiten. Ob sie sich mehr Einzeltische erhofften, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls war die Stimmung an Bord überhaupt nicht zufriedenstellend. Zwei Welten trafen sich, der erhabene Deutsehe, der sich schon einige Tage an Bord etabliert hatte und der sonst zurückhaltende, dennoch etwas lautstärkere Amerikaner, der gleiche Rechte beanspruchte. Drei See-Tage vor sich zu haben mit unzufriedenen Passagieren erfordert viel Geduld. Abwechselnd wurden nun Ansagen mal in Deutsch, mal in Englisch durchgegeben, um nationalen Problemen zu entgehen.
Der Glaube, dass sich die Gemüter nach einer entspannten Nacht - mit der Vorfreude auf ein reichhaltiges Frühstück, beruhigen würden, führte zum Trugschluss. Für diesen ersten Morgen auf See waren wir Stewardessen, zusätzlich zu den Kabine n Stewards, eingeteilt worden, um den zu erwartenden Ansturm betreffs der Kabinen-Frühstücks-Order, die am ersten Tag einer Reise immer besonders stark gefragt sind, nachkommen zu können. Zum Teil schleppten wir zu zweit die schweren Teller mit schweren Deckeln, unter denen sich Spiegel-und Rühreier mit allen erdenklichen Zugaben befanden nebst Kaffee, Tee und Säften in die Kabinen. Wie gut, dass wir wenigstens ruhiges Wetter hatten, bei Schwankungen immer ein Unterfangen sich selbst mit der Frühstückslast im Gleichgewicht zu halten.
Plötzlich gab es Schwierigkeiten. Ich wurde ins Ober-Stewards-Büro abberufen, um zusätzlich telefonische Frühstücksaufträge entgegen zu nehmen, mit denen schon zwei Ober-Stewards voll beschäftigt waren und, ob der andauernden Anrufe, nicht mehr Herr der Lage wurden. Nachtsteward „von Thadden" blieb im Büro, "Vater Artmann" und Ober-Steward „ Peter Schmelzer" reichten sich die Telefonhörer abwechselnd in die Hände, ich versuchte ebenfalls Gemüter zu beruhigen. Leitender „Obersteward Rolf Marx" brachte seine Stewards auf Trab, Ober-Zahlmeister „Gudehus" zeigte sich nervös, ungeduldig, gereizt.

Unaufhörlich ungehaltene Stimmen,

drangen durch den Hörer: „Mein Frühstück ist noch nicht da"- „l ordered my breakfast for 8 am, it's 10 am now"... 

Die Beschwerden wurden immer immenser, zwischenzeitlich rannte ich in die Frühstücksküche und brachte einer älteren Dame den verlangten „pot of tea", weil sie mir leid tat. Wütende, wohl hungrige Schlangen standen jetzt sogar vor dem Büro. Wir verwiesen allerdings die Passagiere darauf, wenn die in der Kabine ausgelegten Frühstücks-Order nicht rechtzeitig an die
Tür gehängt wurden, könne ein späterer Auftrag nicht so pünktlich erfüllt werden, U n missverständliche Empörungsrufe drangen zu uns. Die Order wären an die Tür gehängt worden. So ein schlechter Service - man hätte lieber kein deutsches Schiff wählen sollen! „ThisGermanship is a real desaster".., war zu vernehmen. Alle Beschwerden und Beschimpfungen aufzuzählen, wäre allein buchfüllend.

Die Stimmung wurde nicht besser. Bei solchen Ereignissen sind Landtouren eine Erlösung und Ablenkung, aber auf hoher See muss das Beschäftigungsprogramm intensiviert werden. Es wurde viel ersucht, das Unterhaltungsprogramm erweitert, aber die Stimmung der amerikanischen Passagiere war auf dem Nullpunkt, trotz des charmanten Einsatzes der Hostessen, „Ruth Anderson" und „Sonja Michael", Zum Glück ein Hafen in Sicht - Island - erste Erlösung! Und bald danach erreichten wir schon das Nord-Kap, das damals für ältere Passagiere nicht leicht begehbar war, nur über holprige Berg­wege, keine breiten Zufahrtsstraßen wie heute. Für uns kein Problem, wir organisierten Lager­feuer. Zutaten und reichlich Getränke wurden gern hinaufgeschleppt, ein herrliches Abenteuer und unbeschwerte Abwechslung vorn pflichtbewussten Tun an Bord. Neulingen wurden bereits ab Austaufen New York Fahrräder für 5 Dollar angeboten. Seemannsprüfung: Unsinn! Manche fielen darauf ein. Jungköchen wurden Rucksäcke mit Schöpfkellen aufgebürdet, aber es gab gar keine Suppe am Nordkap. Wir lebten unser Leben! 
Norwegen verhieß sowieso Erleichterung durch tägliche Landgänge! Bustouren in die bezaubernd abwechslungsreiche Landschaft schienen zu gefallen. Die Besatzung vom Ober- bis zum Unterdeck war sichtlich bemüht Erwartungen zu erfüllen. Für alte Hasen, die jahrelang zur See fuhren, leichter zu erfüllen, als für den neuen, weiblichen Zuwachs.

Erwähnenswert:
Von den meisten Kollegen erhielten wir Unterstützung, es gab aber auch einige, die gerade den neuen Stewardessen zusetzten. So wurden z.B. frisch polierte Gläser mit Fettfingern angefasst, die Verursacher waren nicht auffindbar, weder verschwundene Kaffeelöffel, so dass wir Stewardessen vom zuständigen Ober-Steward „Günter Stein" natürlich gerügt und zu mehr Sorgfalt ermahnt wur­den. Bewusste Taktik, um uns wenigen weiblichen Besatzungsmitgliedern (36 von 400!) die harte Welt der See-Fahrt auf diese Weise näher zu bringen!
Hierzu eine persönliche Bemerkung eines beobachtenden Passagiers: Herr Raess aus Basel/Schweiz, dem ich im Hanseatic-Salon immer einen Kaffee servierte, sprach mich wohlwollend an: „Maidli" - ich beobachte Sie und Ihre „Fründin" die ganze „Ziel", bewahren Sie sich die „DRÜ" Buchstaben! Damals noch knackig jung entgegnete ich forsch: „ich habe doch
nur zwei" - auf meinen nach unten verlängerten Rücken hinweisend. Er lachte und entgegnete: ich meine die drei „S l E „ und fügte schmunzelnd hinzu: „damit bewahren Sie sich den nötigen Abstand!" Ein gut gemeinter Hinweis, den ich seither beachtet habe. Heutzutage hat das „DU" einen anderen Stellenwert bekommen, aber der 3-er Abstand hat Vorteile: Respekt dem anderen gegenüber. Noch immer mag ich selber entscheiden, wem ich das „DU" anbiete. Der Ratschlag wurde befolgt - wir konnten uns in der Männer-Welt an Bord gut behaupten.

L a s t n o t l e a s t - Wer möchte nicht erfahren welche Ursache eigentlich zum unsäglichen Frühstück-Dilemma, zum Service-Desaster und somit Unmut führte?

 

Frühstücks-Order wurden vom Nachtsteward eingesammelt und morgens dem zuständigen Service-Ressort übergeben. Neue Frühstücks-Karten lagen immer für die Kabinen-Stewards im Oberstewards-Büro zur Abholung bereit. Kabinensteward „Brinckmann" vom Saturn-Deck - von dort kamen die meisten Beschwerden - hatte sich auch seinen „vermeintlich neuen" Stapel abgeholt und deponierte ihn gelassen in seinem „Locker" (Schrank). Er gestand dann mutig und entschuldigte sich am Abend „after this horribe day", dass er nochmals einen Stapel Frühstücks-Order holen müsse. EJR hatte die ausgefüllten Frühstücksbestellungen, aus Versehen, an sich genommen, da die obere Karte umgedreht und nicht beschriftet war!! Die unglücklichen Frühstücksbestellen weilten somit unerkannt, unversehrt in seinem Spind.
Welch' irrsinniges Pech. Die Ur-und-Tatsache wurde offiziell nicht mehr erwähnt....

Nun musste erst einmal unsere Nordlandreise den erwünschten, besseren Verlauf nehmen.
  Vom Nordkap über die sehenswerten Lofoten bis Bergen, dann weiter südlich bis Oslo und Kopenhagen, erreichten wir Stockholm. Städte, die begeistern müssen, Schönheiten und Perlen Skandinaviens.
Von Stockholm aus ging es Richtung St. Petersburg, damals noch Leningrad. Unsere amerikanischen Passagiere waren verunsichert wegen der vielen Kontrollen und schienen erleichtert zu sein dann doch wieder die deutschen Planken der Hamburgerin betreten zu können, ihr Freiheitsdenken war bei Langgängen eingeschränkt und viele Kontrollen wurden von ihnen als äußerst unangenehm empfunden. Wir gehörten zum arbeitenden Volk, wurden herumgeführt, ins Seemannsheim eingeladen, herzlich bewirtet und mit süßem Krim-Sekt ins Reich der leicht Verunsicherten versetzt.
Das Schiff nahm anschließend Kurs auf Helsinki. Der Tagesaufenthalt der ebenfalls sehenswerten Stadt wurde zusätzlich abends, nach Auslaufen vom Hafen, zum einmaligen Erlebnis!
Es war der 20. J u l i  l 9 6 9 - Tag der ersten Mondlandung der Amerikaner.
  Besonders die amerikanischen Passagiere erwarteten hoffnungsvoll die weltweit ausgestrahlte Mondlandung, um sie über das Bord-Fernsehen erleben zu können. Unvorstellbares Ereignis! 
Unser dänischer Reeder, mit an Bord, der sich den Verlauf dieser Reise seines Traumschiffes anfangs positiver erhofft hatte, sollte bald seine Sternstunde erfahren. Die „TS. Hamburg" befand sich im finnischen Hoheitsgebiet, sodass die Übertragung der Mondlandung über das finnische Fernsehen, allerdings in der Landessprache, an Bord unseres Schiffes bestens empfangen werden konnte. Wir lagen im ruhigen Gewässer auf Reede - verankert. Nun wurde „Axel Bitsch Christensen" mit seiner Frau „zum Erlöser". Sie war Finnin - und konnte den finnischen Kommentar dieser weltbewegenden Mondlandung Ihrem Mann übersetzen, der wiederum mit perfekten Englischkenntnissen den amerikanischen Passagieren die Berichte bestens vermittelte konnte, DER E rf o Ig! „Highlight" dieser Reise.
Für die deutschen Passagiere und die Crew übersetzte Bitsch Christensen zeitweise alles in unserer Landessprache. Wir feierten in allen Kabinen diese beeindruckende Mondlandung, manche lagen später „mondblau"! in ihren Kojen. Unsere inzwischen durchaus „glückliche Hamburgerin" glitt später mit begeisterten Amerikanern durch die Ostsee, dem Hamburger Hafen entgegen.
Wir waren plötzlich das beste Schiff! Alles andere war vergessen. Der Briefkasten für erbetene Beurteilung dieser Reise quoll über mit viel Lob, guten Worten und die anschließende Heimreise über den großen Teich nach New York war mit Zufriedenheit und fröhlichen Gästen gesegnet.
Die restlichen See-Tage waren alsdann erfreulich und wir sahen entspannt der folgenden Reise ab New York - mit gleichem Ziel Skandinavien - allerdings ohne Mondlandung, entgegen.
.Unsere schöne Hamburgerm" wurde ein äußerst beliebtes Kreuzfahrtschiff. Kein Wunder!
 

Von damaligen und neuen Passagieren jahrzehntelang geschätzt, von den Russen übernommen fuhr sie nun unter dem Namen „Maxim Gorkij" - vom Bonner Veranstalter „Phoenix-Reisen" seitdem vermarktet, dann leider 2009 in Indien verschrottet. Das war emotional schwer zu ertragen...

2008 wurde „unser Schiff" noch auf ihrer letzten Reise von vielen Langzeit-Passagieren, russischer Besatzung und 30 ehemaligen Hamburg-Hanseatic-Besatzungsmitgliedern, vielfach unter Tränen, in Dubrovnik/Kroatien verabschiedet, bevor alle mit Wehmut inJto^dig von Bord gingen. Das letzte Mal! Adieu -farewell!

Wir w a r e n dabei!
  Das Schicksal unserer „weißen Lady", bedingt durch die Wirtschaftskrise 2008, bewegte viele Gemüter, wie gern hätten wir sie doch als Museumsschiff im Hamburger Hafen gewusst. Zumindest den markanten roten Schornstein wollten wir retten - nur, wohin damit? Aus der Traum!
Brigitte Schäfer, Hamburg, 26. Oktober 2019
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