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Meine Geschichte . . .

 

von Christian Bindemann

So kam ich auf die T/S „HANSEATIC“

Es war Ende Februar 1969 – ich fuhr als Ing. Assi. bei Hergott’s eigener Reederei auf M/V
„VOGTLAND“ NAWK (Nordamerika Westküste). Unser 2. Ing war ein Assi Hasser und auch sonst mit seinem Leben nicht sehr zufrieden. Alkoholgenuß und daraus resultierender Schlafmangel gaben sein Tagesformat. Auch die Schmierer an Bord hatten unter seiner Laune zu leiden und gerne spielte er Assis und Schmierer gegeneinander aus. 
Auf der Heimreise beschlossen 2 Schmierer und ich im ersten Europäischen Hafen abzumustern. In Le Havre wollte uns der Kapitän des Schiffes nicht von Bord lassen so kündigten wir zum Einlaufen Antwerpen.
Ohne Geld gingen wir von Bord zum Bahnhof. Dort zu Hause angerufen und den Spruch losgelassen:
„Wollt ihr euren Sohn noch retten, schickt ihm Geld und Zigaretten – verkauft die Ziege und den Hund – schickt das Geld und bleibt gesund.“ Telegrafisch wurde das Fahrgeld angewiesen und am nächsten Tag hatte ich wieder die Füße unter Vaters Tisch.


Schon zwei Tage später hing der Haussegen schief und die Füße mußten unterm Tisch raus. Eine Fahrkarte nach Hamburg gab’s gratis von Vattern. Die Kumpels getroffen und ab zum Personalbüro von HAPAG. „Ah da sind ja die Saufkumpane von der Vogtland“ wurden wir dort empfangen – „Eure Karriere bei der Seefahrt ist mit dem heutigen Tag beendet“. Von Bord war schon Nachricht über Funk angekommen sachlich ziemlich verdreht. Niedergeschlagen verließen wir den Heuerstall in der  Ferdinandstraße und klapperten in Hamburg eine Reederei nach der anderen ab. Keiner wollte uns anheuern und einen der Schmiere verließ schließlich der Mut, er ging seinen eigenen Weg.

 

Am dritten Tag betraten wir zwei verbliebenen Gestalten die heiligen Hallen im Ballindamm 17 bei der Deutschen Atlantik Linie. Hier schien man hocherfreut zu sein, uns zu sehen, man suchte Assi und Schmierer für ihr Passagierschiff „HANSEATIC“ Mhh Passagierschiff das war für einen Frachterassi schon ein sehr mulmiges Gefühl –Passagierschiff - eigentlich geht das gaaaarnicht.
Müde vom Klinkenputzen und betteln nach einem Job blieb die Wahl nicht groß und viel Zeit zum Überlegen war auch nicht da, die Zeit drängte – also den Sprung ins kalte Wasser gewagt und rauf auf ein Passagierschiff denn 

3 Tage später sollte ein Charterflugzeug der Martinair von Fuhlsbüttel starten und ca. 230 neue Crewmitglieder nach Fort Lauderdale bringen um dort auf der „HANSEATIC“ einzusteigen. 230 Besatzungsmitglieder von der
„HANSEATIC“ sollten mit dem gleichen Flieger wieder nach Hamburg geflogen werden um dann später auf der neuen „HAMBURG“ anzumustern.


Wir bekamen unserem Heuerschein mit der Aufforderung uns im Personalbüro der HAPAG, die zu der Zeit das Personal managte, zu melden und dort anzumustern. Oje !
„Wat wollt ihr den hier schon wieder“ wurden wir empfangen „hier gibt’s kein Schiff mehr für euch“
Kleinlaut legten wir unseren Heuerschein auf den Tresen der mißtrauisch begutachtet wurde. „Ach so, nur auf’n Passagierschiff – na ja denn man gute Reise“. Missmutig wurden unsere Seefahrtsbücher ausgefüllt und wir wurden aus Herrgott’s eigenem Heuerbüro entlassen. Ich glaube mir ist damals ein ziemlicher Stein vom Herzen gefallen.

Zurück ging’s auf die kalte Straße, es war inzwischen März und immer noch lag Schnee. Am trüben Nachmittag des 07. März 1969 bestiegen 230 Menschen in Hamburg Fuhlsbüttel das Charterflugzeug der Martinair.
Für mich war es der erste Flug in meinem noch so jungen Leben und dann gleich so weit, über Canada nach Florida, USA. Mehr als 13 Stunden. Beim nächtlichen Zwischenstop in Halifax, - 25°C mußten wir das Flugzeug wegen Betankung verlassen. Leider hatte ich vergessen mir Dollars zu besorgen und somit war mir nicht einmal ein warmes Getränk vergönnt.


Am nächsten Morgen kamen wir dann in Fort Lauderdale an. Das Schiff war verspätet, wir übermüdet jedoch war es warm und im Sand in der Sonne konnte man ein kleines Nickerchen halten. – Bis plötzlich die Haut anfing zu jucken und Sandflöhe von mir Besitz ergriffen hatten. Es war sehr unangenehm und die Zeit bis das Schiff einlief und wir endlich an Bord gehen durften wollte kein Ende nehmen.
An späten Nachmittag endlich war es soweit. Das erste nach Bezug der Kabine auf Deck 4 war eine Dusche um die Flöhe loszuwerden. Glücklicherweise hat sich die hochnäsige Aussage im Personalbüro nicht bewahrheitet, vier
Monate nach meinem Einstieg auf der „HANSEATIC“ wurde ich zum 4. Ing befördert. 1973, ich hatte inzwischen mein Studium zum Schiffsingenieur begonnen war ich auf der letzten Reise des schönen Schiffes wieder an Bord um es in Genua an die Italiener zu übergeben.


Für mich war die Zeit auf dem Schiff die schönste Zeit bei der Seefahrt und dazu beigetragen hat das überaus gute Betriebsklima an Bord. So etwas habe ich nie wieder erlebt. Bis heute gibt es Freundschaften resultierend aus dieser Zeit und die jährlichen Treffen beweisen, dass ich da kein Einzelfall bin.

Hamburg den 03.01.2011
Christian Bindemann

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aktualisiert am: 11.12.18

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